50 sprechende Lautsprecher und 5 Lichttropfen – Walter Giers ist im Alter von 78 Jahren gestorben

05.04.2016

Portrait Walter Giers

VON ZKM REDAKTION

1969 beginnt der Jazzmusiker und Ingenieur Walter Giers mit dem Bau von ersten zweckfreien Objekten aus elektronischen Bauteilen. Durch Anfassen und Bedienen von Schaltelementen können in spielerischer Kommunikation dynamische Prozesse in Gang gebracht werden. 1973 gibt Giers die taktilen Komponenten bei seinen Objekten auf und beginnt, Zufallsgeneratoren zu integrieren. Seine Werke entfalten von nun an ein Eigenleben, indem sie Impulse von Licht, Tönen oder Bewegung aus ihrer Umwelt aufnehmen und – gesteuert von Zufallsgeneratoren – in optische oder akustische Formationen umsetzen.

Art - Statement - Art
Walter Giers, »Art - Statement - Art« [Kunst - Aussage - Kunst], 1993, 50 Lautsprecher mit Soundplatine, gesteuert von einem Zufallsgenerator, 200 x 170 cm, Installationsmaß variabel, ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe.
© Walter Giers ; Foto © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: Franz J. Wamhof

Für seine Arbeit Art - Statement - Art (1993), die im Rahmen der von Heinrich Klotz kuratierten Ausstellung »Kunst der Gegenwart« (1997)  im ZKM gezeigt wurde, hatte sich Walter Giers mit seinem speziellen Sinn für das Groteske darangemacht, fünfzig alte Lautsprecher zu sammeln und sie zu einem Klumpen zusammenzubinden: Aus dem Klumpen wird ein skulpturales Gebilde. Aus den Lautsprechern dringt das Gemurmel von Menschen: Giers hatte ihnen die Frage gestellt, was denn Kunst sei. Ihre Antworten, auf Tonband aufgenommen, ertönen als ein großes Durcheinander allesamt gleichzeitig aus dem Lautsprecher.

5 Lichttropfen
Walter Giers, »5 Lichttropfen«, 1979, elektronisches Wandobjekt, gesteuert von einem Zufallsgenerator ; Plexiglas, Schaltung, Lautsprecher, Glühlampen, 160 x 75 x 6 cm, ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe.
© Walter Giers ; Foto © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: Franz J. Wamhof

Die Eröffnungsschau des ZKM | Museum für Neue Kunst, die - wie Heinrich Klotz den Anspruch der Ausstellung formulierte - das Wagnis einging, die bewegten Bilder mit den stillen Bildern zu konfrontieren, zeigte eine zweite Arbeit Walter Giers: Wie Regen rinnen langsam 5 Lichttropfen (1979) herunter – sie sind von einem Zufallsgenerator gesteuert. Einzelne Tropfen scheinen sich am oberen Rand zu lösen und auf festgelegten Bahnen herabzufallen, bis sie mit einem leisen Klang unten auftreffen und verlöschen. Sie bilden ein Muster aus Licht und Bewegung.

Zur Person

Walter Giers wurde 1937 in Mannweiler geboren. Ab 1955 machte er Jazzmusik. 1963 schloss er die Ausbildung an der Werkkunstschule Schwäbisch Gmünd ab und arbeitete zunächst als Industriedesigner, bevor er 1969 erstmals Kunstobjekte ausstellte. 1992–93 lehrte er an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Im Jahr 1995 gründete er das Büro »Licht und Klang im öffentlichen Raum« in Schwäbisch Gmünd. Walter Giers Werke waren bereits in zahlreichen Museen u.a. in Saarbrücken, Stuttgart, Amsterdam, München, Köln und Toronto ausgestellt. In der ZKM-Sammlung sind rund zehn Werke aus den Jahren 1971 bis 1993 vertreten. Walter Giers Arbeiten waren Teil großer ZKM-Ausstellungen, u.a. »Kunst der Gegenwart« (1997), »Lichtkunst aus Kunstlicht« (2005) und »Sound Art« (2012).

Walter Giers ist jetzt im Alter von 78 Jahren in Schwäbisch-Gmünd gestorben. Das ZKM spricht Familie und Freunden Walter Giers sein tiefes Bedauern über diesen Verlust aus.

Walter Giers
Walter Giers im Atelier
© Gabriella Kerler
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