Blick in die Ausstellung »Open Codes. Digital Culture Techniques«, Mumbai.

17.04.2018

Code for Creativity: »Open Codes« für Mumbai

In einer Stadt wie Karlsruhe, mit 300.000 EinwohnerInnen, verzeichnet das Ausstellungsexperiment »Open Codes« an Wochenenden bis zu 1.800 BesucherInnen.

IM GESPRÄCH MIT CHRISTIANE RIEDEL

Das ZKM hat jetzt einen Satelliten für Indien entwickelt: Im Goethe-Institut Mumbai ist seit Anfang April 2018 die Ausstellung »Open Codes. Digital Culture Techniques« zu erleben. Christiane Riedel, Geschäftsführender Vorstand des ZKM, hat die Ausstellungsstation in Indien eröffnet. Sie berichtet, wie Codes den Raum für kreatives Denken öffnen und warum »Open Codes« auch für andere kulturelle Räume adaptiert werden kann.

Welches Ziel verfolgen Sie mit der Weiterentwicklung von »Open Codes« für Indien? Gab es Anpassungen des Formats? 

Christiane Riedel: »Open Codes« ist ein offenes, innovatives Ausstellungskonzept, das sich sehr gut für andere Länder, Räume, Zusammenhänge und Partner anpassen lässt. Die gemeinsame Ebene bleibt immer das Thema der Codes und der Ausstellungsraum als Co-Working-Space.

Für die erste Auslandsstation von »Open Codes« wurde die Ausstellung auf 15 Werke konzentriert, da die Galerie des Goethe-Instituts Mumbai sehr viel kleiner ist als das ZKM. Außerdem wurde ein thematischer Schwerpunkt gesetzt, der für den kulturellen Austausch mit dem Technologieland Indien von besonderer Bedeutung ist, nämlich der digitale Code als neue Kulturtechnik, deshalb auch der Titel für Mumbai: »Open Codes. Digital Culture Techniques«. Dieses Thema hat bereits der »Coding Culture Hackathon«, den das ZKM Anfang Februar 2018 in Mumbai veranstaltete, vorbereitet.

»Die gemeinsame Ebene bleibt immer das Thema der Codes und der Ausstellungsraum als Co-Working-Space.«

Christiane Riedel, Geschäftsführender Vorstand des ZKM
Blick in die Ausstellung »Open Codes. Digital Culture Techniques«, Mumbai.
Die ZKM-Produktion »Genealogie des Digitalen Codes« im Goethe-Institut Mumbai.

Die ausgewählten Installationen beziehen sich auch auf den Standort Indien und wurden zum Teil dafür adaptiert. In mehreren Werken, die auf Sprache basieren, wie »S2T2T2M2L« von Daniel Heiss, »Lost in Computation« von Jonas Eltas oder »Symbolism in Circuit Diagrams« von der russischen Künstlergruppe »Where Dogs Run«, wird nun neben digitalen Codes und Englisch auch Hindi eingesetzt. Die ZKM-Produktion »Genealogie des Digitalen Codes« wurde um wichtige indische Entwicklungen ergänzt, und der Publikums-Magnet »YOU:R:CODE«, ebenfalls eine ZKM-Produktion wurde technisch neu aufgesetzt.

Gleich geblieben ist auch in Mumbai der freie Eintritt und das freie Veranstaltungs- und Workshop-Programm in Kooperation mit zahlreichen Akteuren vor Ort.

Blick in die Ausstellung »Open Codes«
Blick in die Ausstellung »Open Codes«: Bernd Lintermann, »YOU:R:CODE«, 2017

Das ZKM organisiert weltweit Ausstellungen – wie spiegeln sich diese globalen Anstrengungen in Karlsruhe? 

Christiane Riedel: Das ZKM ist eine sehr bekannte und auch begehrte Institution im Ausland, da es den aktuellen digitalen Wandel in inspirierender und avancierter Weise untersucht und vermittelt.

Da das ZKM durch seine Partnerinstitutionen und seine enge Kooperation mit dem Goethe-Institut auf der ganzen Welt präsent ist, tritt es auch als eine Art Botschafter für die Stadt Karlsruhe auf. Es stärkt damit die Auslandsbeziehungen der Stadt und das Profil Karlsruhes als Innovationsstandort. Im Ausland ist man sehr beeindruckt davon, welches präzise Gesamtprofil Karlsruhe in Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur zu den neuen Technologien entwickelt hat. Das ZKM ist ein wichtiger Kommunikator für dieses Profil und ergänzt den Dialog der Stadt auf wirtschaftlicher Ebene durch seine künstlerisch-wissenschaftlichen Beziehungen. Das ist ein wichtiger Beitrag im Zeitalter der Globalisierung.

Wer aus dem Ausland nach Karlsruhe kommt, egal ob KünstlerIn, WissenschaftlerIn oder PolitikerIn, kennt das ZKM oft schon – und will dann vor Ort das ganze ZKM und die Stadt kennenlernen, die das ZKM erfunden hat.

Eine besondere Rolle spielen aktuell die Projekte in Mumbai, da die Stadt Karlsruhe enge Beziehungen zu Pune, aber zunehmend mit Mumbai pflegt. Vielleicht können sogar die »SCHLOSSLICHTSPIELE« hierher exportiert werden.

Das Karlsruher Schloss in buntem Licht
Das Karlsruher Schloss erstrahlt bei den »SCHLOSSLICHTSPIELEN« in buntem Licht!

Wie nimmt das indische Publikum die Workshop-Formate auf? Die These der Ausstellung in Indien ist, dass »Codes« den Raum für kreative Vorstellungskraft öffnen – wie setzt sich dieser Ansatz in den Vermittlungsveranstaltungen fort? 

Christiane Riedel: Die Reaktionen sind sehr positiv, da man mit der Ausstellung aktiv interagieren kann. Das ist ein bisher unbekanntes Format in Indien. Sie spricht damit ein Publikum weit über die Kunstszene hinaus an: IT-Spezialisten, WissenschaftlerInnen und Studierende aus allen möglichen Fachrichtungen ebenso wie Familien und Jugendliche. Coding wird in den Workshops nicht, wie in Indien üblich, nur zielorientiert für technische Applikationen vermittelt, sondern als ein Werkzeug für Kreativität.

»Alle sind begeistert, dass man in Codes so viel Kreativität sehen kann.«

Amruta Nemivant, Senior Program Manager Goethe-Institut Mumbai

Jeden Tag finden Workshops und Diskussionen statt und es ergeben sich jeden Tag neue Kooperationen mit Partnern. Ganz aktuell wurde eine Zusammenarbeit mit dem Science Museum Mumbai gestartet, das eine Ausstellung mit dem Titel »Machine Learned« vorbereitet und nun ein gemeinsames Vermittlungsprogramm vorgeschlagen hat.

Wie in Karlsruhe eröffnet die Ausstellung eine Anschlussfähigkeit für andere Bereiche wie Architektur und Urbanistik, Design, Museologie, Technologie und Wissenschaft, Kunst und Coding. In der für Indien sehr neuen Zusammenarbeit verschiedenster Disziplinen entstehen ganz neue Diskussionen. Die Ausstellung zeigt die Bedeutung der Codes als »Digital Culture Techniques«, die Workshops vermitteln Kenntnisse im Umgang mit dieser neuen Kulturtechnik.

Dr. Martin Wälde, Leiter des Goethe-Instituts Mumbai, beschreibt seine Motivation, die Ausstellung in der Galerie des Instituts zu zeigen damit, dass »die Beschäftigung mit dem Digitalen und dem Coden in Indien immer noch keinen Eingang in die künstlerische Produktion gefunden hat. Technologie und Kunst sind hier immer noch getrennten Welten. Mit der Ausstellung soll ein neues Verständnis für digitale künstlerische Produktion geschaffen und auch ein ganz neues Publikum angesprochen werden – da es so etwas wie 'Open Codes' in Indien noch nie zuvor gab.

Das Format der Ausstellung ist für uns ganz wichtig und innovativ, da es zu ganz neuen Formen von Interaktion und Partizipation mit den Besuchern führt und über Workshops Lernprozesse fördert. 'Open Codes' ist für uns als ein neuartiges und anregendes Lernlaboratorium auch kultur- und ausstellungspolitisch ungeheuer wichtig und innovativ.«

Kategorie: Ausstellungen