Zu sehen ist Thomas Paul, Medienkünstler und Professor in Anzug mit Hut, wie er hinter einem Rednerpult mit Laptop steht und gestikuliert.

25.07.2019

Quantum Art and Uncertainty – Vortrag und Buchvorstellung von Paul Thomas

Quantenphysik und die Erforschung der Atome scheinen auf den ersten Blick kein sinnliches und erhebendes Erlebnis zu sein.

VON HENDRIK HEFT

Paul Thomas, Medienkünstler mit einem Lehrstuhl an der Universität Sydney, sieht das anders. Mit der Vorstellung seines neuen Buches »Quantum Art and Uncertainty« im Vortragssaal des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) führte er seinen ZuhörerInnen die unsichtbare Welt der Moleküle ästhetisch vor Augen. 

In seinem Buch »Quantum Art and Uncertainty« zeigt Paul Thomas, anhand mehrerer Beispiele aus der Quantentheorie und der Kunst, eine Gemeinsamkeit zwischen Kunst und Wissenschaft ­– den Aspekt der Ungewissheit – auf.

Ausschnitte der Einleitung

»Dieses Buch will keine historische Quelle für Quantentheorie, Unsicherheit und Kunst sein, sondern eine Quelle für die vielfältigen Ideen in diesem Bereich und wie sie mit der bildenden Kunst in Beziehung gebracht werden können. [...] Das Buch wird Konzepte der Kunst und Physik und ihre Beiträge zu unserem Weltbild untersuchen. [...] Schlüsselthemen in diesem Buch sind: die Welle-Teilchen-Dualität, Superposition, Quantenverschränkung, Atom-Spin, 'material agency' und die Ontologie der Unsicherheit.« (Quantum Art and Uncertainty, 2018, S.3–S.5)

zu sehen ist das buch »quantum art and uncertatinty« von paul thomas, stehend, leicht aufgeschlagen, vor blau-grauem grund.
»[...] Dieses Buch wird Konzepte der Kunst und der Physik und ihre Beiträge zu unserem Weltbild untersuchen.« (Quantum Art and Uncertainty, 2018, S.4)

Gleich zu Beginn relativierte der großgewachsene, schlanke Mann seine eigenen Forschungen als Versuch, die Quantenwelt zu verstehen: »Ich bin ein Künstler und habe keinen wissenschaftlichen Hintergrund«, schränkte er ein. Sein Ziel sei es, mit Daten und Algorithmen Bilder zu erstellen. Zwar brauche es zur Vermessung und Beschreibung von Elektronen und Radiowellen technische Hilfsmittel wie Nanocomputer, doch arbeite er letztlich mit den »Werkzeugen der Natur«.

Der Einsatz jener »Natur-Werkzeuge« löste auch während des Vortrags eine fast schon religiöse Ergriffenheit in ihm aus. Das Erzeugen von Tönen durch eine Grammophonnadel, die sich in den Furchen einer Schallplatte bewegt oder das Durcheinanderwirbeln von Sand durch menschlichen Atem, beschrieb Thomas als elementare Vorgänge. Letzteres machte er mit einem kurzen Film sichtbar und sprach dabei vom »Atem Gottes«, der jeder Bewegung innewohne.

Ursache und Wirkung

Das Prinzip von Ursache und Wirkung auf der Ebene kleinster, in einer Kette angeordneter Teilchen, illustrierte er mit Grafiken und stellte die Frage, was mit einem Elektron passiert, wenn sein Nachbar aus dem Gleichgewicht gerät. Weitere kurze Filme machten die Regelmäßigkeit der Bewegungen von Radio- und Schallwellen, die sich in verschiedene Frequenzen übertragen lassen, deutlich. Kurze Verwirrung herrschte im Saal, als Paul Thomas seine eigene Stimme aus einem Lautsprecher erklingen ließ.

Abschließend warf er einen Blick in die Vergangenheit, mit dem Hinweis, dass die unsichtbaren Mechanismen der Natur schon immer Anregungen für KünstlerInnen gegeben hätten, auch wenn die Möglichkeiten zu deren Erforschung noch nicht vorhanden waren.

Zu sehen ist Thomas Paul, Medienkünstler und Professor in Anzug mit Hut, wie er hinter einem Rednerpult mit Laptop steht und auf die Beamer-Projektion zeigt.

Peter Weibel, künstlerisch-wissenschaftlicher Vorstand des ZKM, beschrieb den Ansatz seines Kollegen als eine »objekt-orientierte Ontologie«, denn es gehe in letzter Konsequenz um die Frage, was sich hinter Begriffen wie »Leben« oder dem »Quantenchaos« verberge. Damit agiere Paul Thomas im »Schwellenraum zwischen Realität und virtueller Welt«, ein interdisziplinären Ansatz, den Peter Weibel befürwortete.

Die Relevanz der kurzen Beiträge, abgeschlossen von einer Kamerafahrt durch das graue Dickicht eines Wollstoffes, erschloss sich erst durch die Ausführungen zu den dort abgebildeten Materialien und deren Eigenschaften. Das Zusammenspiel von Form, Farbe, Ton und Bewegung erschien holprig. Dennoch sorgte der Vortrag für eine Erweiterung des Blicks auf die Gegenwart, in der Informationen durch neue Technologien schneller und umfangreicher gesammelt, ausgewertet und dargestellt werden als je zuvor.

»Alles was wir mit Sicherheit wissen ist, dass sowohl die Kunst als auch die Wissenschaft im Kern Wahrscheinlichkeit und Ungewissheit tragen.«

Paul Thomas ist Professor für Bildende Kunst an der UNSW Art and Design. Er ist Direktor des Studios für Transdisziplinäre Kunstforschung (»Studio for Transdisciplinary Art Research« – STAR) und Initiator der »Transdisciplinary Imaging« Konferenz-Serie 2010-2018. Im Jahr 2000 initiierte er die Biennale of Electronic Arts Perth 2002, 2004 und 2007 und war Gründungsdirektor. Als Künstler ist Thomas ein Pionier der transdisziplinären Kunstpraxis.