Eine Gruppe von Menschen gehen in einer Prozession mit Fahrrädern.

01.03.2020

Zum Hotspot der Biodiversität

Seit dem 1. Januar 2020 hat das ZKM in seiner unmittelbaren Nähe eine Streuobstwiese gepachtet. Die Idee dazu entstand im Zuge der Planung der Ausstellung »CRITICAL ZONES. Horizonte einer neuen Erdpolitik«, bei der u.a. untersucht wird, inwiefern Ausstellungen klimaneutral gestaltet werden können.

VON ALEXA KNAPP

Im Februar ging es dann für einige MitarbeiterInnen raus aus dem Büro und rein in die Natur – zu einem Baumschnittkurs auf der Streuobstwiese. 

Was ist eigentlich eine Streuobstwiese? 

Streuobstwiesen sind umweltverträglich bewirtschaftete Wiesen, bei denen gänzlich auf die Anwendung synthetischer Behandlungsmittel wie Pestizide und Dünger verzichtet wird. ​Verschiedene Obstbäume, wie Apfel-, Zwetschgen- und Kirschbäume stehen »verstreut« auf einer Wiese. ​Aufgrund ihrer hohen Arten- und Sortenvielfalt gelten Streuobstwiesen auch als Hotspot der Biodiversität in Mitteleuropa.

Eine Gruppe von Menschen läuft auf einer Wiese.
Blick auf die ZKM Streuobstwiese

Mit Gummistiefeln zur meditativ-aktivistischen »Prozession«

Gemeinsam mit den BaumschnittexpertInnen Nele Kemper, Reinmund Häck und ihrem Team vom Liegenschaftsamt Karlsruhe pilgerten die KursteilnehmerInnen zur ZKM-Streuobstwiese. Auf dem Weg vom ZKM zur Wiese begleiteten uns die beiden KünstlerInnen Stéphane Verlét-Bottéro und Carmen Bouyer. Mit ihrem poetischen Text ​»The Dream I Had« luden sie uns vorab zu einer meditativen Reise ein, um uns mit der Natur zu verbinden. Auf der Wiese brachten uns die  ExpertInnen des Liegenschaftsamtes die Kunst des Baumschnitts näher.

Warum Bäume schneiden? 

Der regelmäßige Baumschnitt erhöht die Lebensdauer und Gesundheit des Baums sowie die Qualität der Früchte. Bleibt ein Baum unbeschnitten, kann es passieren, dass er unter der enormen Fruchtlast zusammenbricht. Die Leitäste bieten eine Einbruchskohorte für Pilze und Parasiten. Eine durch den Schnitt bedingte gute Belichtung der Früchte bietet vorbeugenden Pflanzenschutz. 

Wann Bäume schneiden?

Die beste Jahreszeit für den Baumschnitt ist in den ersten Monaten des Jahres, wenn man Aufbau des Baums und seiner Aststruktur am besten überblickt. Im Winter ist daher die traditionelle Obstbaumschnittzeit.

Der ideale Baum

Die ExpertInnen vom Liegenschaftsamt stellten den »idealen« Baum vor: Die Wurzel des idealen Baums ist etwa so groß wie seine Krone. Das Laub ist nötig, um die Wurzeln am Leben zu halten. Generell sollte der Baumschnitt von oben nach unten erfolgen, drei bis vier Leitäste sollten erhalten bleiben, die möglichst gleichmäßig zugeschnitten sind. Sie bestimmen die Kontur des Baums.

Zeichnung einer idealen Baumstruktur.
Der »ideale« Obstbaum – Traumvorstellung eines/r jeden BaumpflegerIn

Warum jede/r mal einen Baumschnittkurs machen sollte 

Der Nachmittag beim Baumschnittkurs erwies sich als extrem lehrreich, denn anhand unserer Arbeit auf der Streuobstwiese lernten wir, wie man ein lokales Ökosystem pflegt und auch, welchen Beitrag man damit zur Erhaltung der Biodiversität leisten kann.

Das Experiment »Pflege einer Streuobstwiese« verdeutlicht, wie wir unsere Erde besser pflegen und erhalten können – bis 2025 trägt das ZKM Verantwortung für seine Wiese. Somit schafft es einen realistischen Bezug zur geplanten Gedankenausstellung »Critical Zones«.

Ein extrem bedrohter Lebensraum

Für die artenreichen Wiesen existieren erschütternde Prognosen. Von 1969 bis 2009 sind ihre Bestände um 50 Prozent zurückgegangen, 2050 sollen sie in Baden-Württemberg gänzlich verloren sein. Das Liegenschaftsamt Karlsruhe bietet regelmäßig kostenlose Schnittkurse für Karlsruher BürgerInnen an. Damit soll das Bewusstsein der Bevölkerung für die Bedeutung der Weisen gefördert werden, denn es fehlt an Menschen, die sich der Obstbaumpflege widmen. 

Eine Gruppe von Menschen stehen auf einer Wiese.

Zum Hintergrund der Ausstellung 

Die Idee, eine Streuobstwiese zu pachten, ist im ZKM im Zuge der Planung der Ausstellung »CRITICAL ZONES. Horizonte einer neuen Erdpolitik« entstanden. Ab dem 23. Mai 2020 lädt die Ausstellung die BesucherInnen dazu ein, sich auf neuartige Weise mit dem kritischen Zustand unseres Planeten auseinanderzusetzen. ​Sie ermuntert uns zu einer anderen Sicht weise auf die Erde. Die Ausstellung schlägt vor, die Erde als ein Netz aus sogenannten »kritischen Zonen« zu betrachten. Der aus den Geowissenschaften entlehnte Begriff der »Kritischen Zone« bezeichnet die extrem fragile und dünne Schicht der Erde, auf der Leben möglich ist. »Critical Zones« fordert uns dazu auf, mehr auf unseren Planeten Erde zu achten. Die ZKM Streuobstwiese, auf der während der Ausstellungslaufzeit auch Workshops und Aktionen geplant sind, bietet die Möglichkeit, das im Kleinen zu erproben.

Kategorie: Nachhaltigkeit