Politische und Experimentelle Filmessays

in der Ausstellung »bauhaus.film.expanded«

Das Foto zeigt den Ausstellungraum mit einer großen Projektion eines schwarz weiß Filmes.

»Das Bild soll andeuten, was über seinen Inhalt geht. Den göttlichen Grund, würde Meister Eckhart sagen. Die Schönheit eines ›häßlichen‹ Gesichts. Die Essenz der Dinge ... Ich möchte, dass in den unscheinbarsten, gewöhnlichsten, ärmlichsten Themen die Würde und darunterliegende Hoffnung durchschimmern.« (Ellen Auerbach, 1985)

Vom »Neuen Sehen« geprägte Dokumentarfilme stellen einen wesentlichen Teil der Bauhaus-Filme dar. Die teils politischen, teils experimentellen Filmessays eröffnen den Blick auf die Vitalität der Großstadt. Bürgerliche Straßen treffen auf Arbeiter- und Industrieviertel und das Kameraauge fokussiert immer wieder Architekturen der Moderne; alles ist umgeben vom Treiben Spazierender, spielender Kindern und dem Tosen des Straßenverkehrs. In den Filmen offenbart sich ein kritischer Blick auf die sozialen Diskrepanzen in der modernen Großstadt, ohne die Menschen aus einer voyeuristischen oder ausbeuterischen Perspektive zu betrachten. Straßenverkäufer, umherziehende Roma und Sinti oder Arbeiter in beschmutzter Kleidung gehören zur Großstadt wie das bürgerliche Leben der Eliten. Anders als in Werbefilmen politischer Parteien wie der SPD oder der KPD in dieser Zeit, visualisierten die Bauhaus-Filme die soziale Ungleichheit in den modernen Gesellschaften nicht. Diese beobachtende Kamera der BauhäuslerInnen gehört zu den wichtigsten Errungenschaften im deutschen Dokumentarfilm der Weimarer Republik.

László Moholy-Nagys meist kurze Etüden oder »soziale Reportagen« bedienen sich der Ästhetik des »Absoluten Films« und verwandeln die Neuerungen des abstrakten Kinos in eine filmische Abstraktion aus Realszenen. Die Filme von Ellen Auerbach (geb. Rosenberg) und Ella Bergmann-Michel verbinden Kunst und Handwerk und eröffnen neue unkonventionelle Perspektiven auf das moderne Leben.

Die strikte Ablehnung der nationalistischen, militaristischen und autoritären Politik am Ende der Weimarer Republik prägen die politischen Filme. In Bergmann-Michels Film »Wahlkampf« (1932) dokumentiert sie, wie die Nazi-Propaganda immer militanter in die Straßen Frankfurts eindringt. Sie wurde während der Dreharbeiten verhaftet und einige Filmrollen wurden konfisziert und zerstört. Auerbach wurde 1906 als Kind von jüdisch-orthodoxen Eltern in Karlsruhe geboren. In »Die Große Reise« (1933/1934) und »Tel Aviv« (1933/1934) hält sie ihre Flucht aus Nazi-Deutschland fest und setzt sich eindringlich mit den im Exil lebenden Juden in Palästina auseinander.

Filme in der Ausstellung »bauhaus.film.expanded«

Einige Filme dieses Bereichs wurden bis zum 23.08.2020 online bereitgestellt. Die Veröffentlichung wurde von einer Live-Diskussion am 23.04.2020 um 18:00 Uhr zwischen Jeannine Fiedler und Rolf Sachsse begleitet, moderiert von Teresa Retzer