GLOBALE: Das Tribunal – Ein Prozess gegen die Verfehlungen des 20. Jahrhunderts
Schwarz-weiße Fotografie aus dem Jahr 1945, die den leeren Raum 600 des Nürnberger Justizpalastes zeigt.
Fr, 19.06.2015 – So, 21.06.2015, Symposium

Die GLOBALE beginnt mit einem Prolog am 19. Juni 2015 im ZKM: mit einem Prozess gegen die Verfehlungen des 20. Jahrhunderts und seine Verbrechen gegen Mensch, Tier und Natur. Angeklagt werden Völkermorde wie der Holocaust, die Ausbeutung der Erde und die Ausrottung der Tierwelt durch den Menschen. In Form einer Konferenz, einer Panorama-Screen-Installation und eines Filmprogramms liefert das Tribunal eine kritische Bestandsaufnahme des 20. Jahrhunderts. Das Tribunal findet im ZKM an einem geschichtlich belasteten Ort statt. 1915, vor genau 100 Jahren, war Baubeginn des sog. Hallenbaus als architektonisch avancierte Waffen- und Munitionsfabrik. Während des Dritten Reiches mussten Tausende von Zwangsarbeitern hier unmenschlichen Dienst tun. Insofern ist der Hallenbau auch ein Mahnmal der im Tribunal verhandelten Verbrechen.

Die dreitägige Veranstaltung wird vom ZKM in Auseinandersetzung mit dem Roman »Der Prozess« (1914/1915) von Franz Kafka sowie historischen Prozessen wie etwa André Bretons dadaistischem Schauprozess gegen Maurice Barrès (1921), den Nürnberger Prozessen oder dem »Vietnam War Crimes Tribunal« inszeniert. Die Nürnberger Prozesse stehen als erster internationaler Prozess gegen die Kriegsverbrechen beispielhaft für die juristische Verhandlung der individuellen Schuld an Vergehen gegen die Menschlichkeit. Das »Vietnam War Crimes Tribunal«, auch unter dem Namen »Russell-Tribunal« bekannt, wurde 1966 von dem Mathematiker, Philosophen und Literaturnobelpreisträger Lord Bertrand Russel als private Nichtregierungsorganisation ins Leben gerufen, um die US-amerikanischen Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg zu untersuchen. Später diente es als Modell für die Untersuchung von Völkerrechtsverletzungen, z. B. das UN-Kriegsverbrechertribunal. Das Tribunal erinnert auch an die Bedeutung Karlsruhes als »Residenzstadt des Rechts«, in der sowohl das Bundesverfassungsgericht, der Bundesgerichtshof als auch die Bundesanwaltschaft ihren Sitz haben.

Symposium

Die Vorträge thematisieren die Geschichte der Gewalt und Genozide, der Vertreibungen, Verfolgungen und Vernichtungen im 20. Jahrhundert mit Beiträgen namhafter WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen aus historischer, juristischer, philosophischer und künstlerischer Perspektive und zeigen die neuesten Forschungsergebnisse auf. Die Konferenzsprachen sind Englisch und Deutsch.
Es sprechen Boris Barth, Roger Berkowitz, Bazon Brock, Mihran Dabag, Lutz Dammbeck, Frank Dikötter, Paul N. Edwards, Raphael Gross, Terike Haapoja, Clive Hamilton, Kerryn Higgs, Ben Kiernan, Claude Klein, Hans-Werner Kroesinger, Norman M. Naimark, Antonio Negri, Jan M. Piskorski, Saskia Sassen, Peter Sloterdijk, Hannibal Travis und Jürgen Zimmerer. Das Symposium wird moderiert von
Joseph Cohen, Peter Weibel und Raphael Zagury-Orly. (Weitere Informationen zu den ReferentInnen finden sie unter »Das Tribunal – Themen und SprecherInnen.)

Der kälteste Planet des Universums

Begleitend zum Symposium liefert die von Peter Weibel konzipierte Installation »Der kälteste Planet des Universums: Das menschliche Herz. Gewalt und Genozide im 20. Jahrhundert« Hintergrundinformationen zu den Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Rahmen des Tribunals angeklagt werden.
Mehr Informationen zur Panorama-Screen-Installation finden Sie > hier.

Filmprogramm

Das Symposium wird um ein Filmprogramm im Vortragssaal ergänzt, das die Verbrechen an Tier und Natur in den Fokus rückt. Gezeigt werden Dokumentationen und Reportagen, die über die Verschmutzung der Umwelt durch Gift und Müll, den skandalösen Umgang mit Tieren sowie die gefährlichen Folgen Interessen gelenkter Nahrungsmittelproduktion für Mensch, Natur und Tiere informieren. Zu den ausgewählten Filmen gehören unter anderem »Monsanto: mit Gift und Genen« (2008) von Marie-Monique Robin, »Albtraum Atommüll« (2009) von Eric Guéret und »We feed the World« (2005) von Erwin Wagenhofer.
Details zum Filmprogramm finden Sie > hier.

Symposium

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Freitag, 19. Juni 2015

10:00–10:45 UhrPeter WeibelEinführung
10:45–11:30 UhrNorman M. NaimarkStalin on Trial
11:30–12:15 UhrLutz DammbeckWorstward Ho
13:30–14:15 UhrRoger BerkowitzHow to Love Our World: Hannah Arendt’s Judgement of Adolf Eichmann
14:15−15:00 UhrClaude KleinA Jurist's Look at the Eichmann Trial and at Hannah Arendt's Consideration on it
15:00−15:45 UhrRaphael GrossFranz Kafka, Hans Kelsen und die Normativität des Bösen
16:00−16:45 UhrMihran DabagGestaltung durch Vernichtung: Weltanschauliche Rahmungen von Völkermorden im 20. Jahrhundert
16:45−17:30 UhrBoris BarthThe Young Turks in Power and the Armenian Genocide
18:00–18:45 UhrJürgen ZimmererThe First German Genocide (1904–1908) in Context: Towards a Postcolonial Reading of Germany's Racial Century
18:45–19:30 UhrBen KiernanThe World History of Genocide
19:30–20:15 UhrHannibal TravisPatterns of Genocidal Education: From the Ottoman Empire to Contemporary Zones of Mass Killing
 

Samstag, 20. Juni 2015

10:00–10:15 UhrPeter WeibelEinführung
10:15–11:00 UhrTerike HaapojaThe Unwritten History of Non-Humanity
11:15–12:00 UhrAntonio NegriIl socialismo e la nazione
12:00–12:45 UhrJan M. PiskorskiDie Verjagten: Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts
13:45–14:30 UhrPaul EdwardsTime Crimes: The 20th Century’s Long Now
14:30–15:15 UhrClive HamiltonRequiem for a Species (> Crimes Against Nature: The Banality of Ethics in the Anthropocene)
15:30–16:15 UhrKerryn HiggsThe Age of Growth: Collision Course
16:15–17:00 UhrHans-Werner KroesingerFACEing Documents or Dealing with History on Stage Without Making Deals
 

Sonntag, 21. Juni 2015

10:00–10:45 UhrFrank DikötterMao's Great Famine
10:45–11:30 UhrSaskia SassenExpulsions
11:45–12:30 UhrBazon BrockThe Logic of Globalisation Destroys the Idea of a Universal Evolution of Mankind
12:30–13:15 UhrPeter SloterdijkWas geschah im 20. Jahrhundert?
 
Die Konferenz findet im Foyer statt.
 
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Ein Projekt im Rahmen des Stadtgeburtstags – 300 Jahre Karlsruhe –

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