Andrei Ujica: »Out of the Present« und »2Pasolini«
Mi, 16.01.2002 18:00 Uhr CET, Filmvorführung

»Out of the Present« [D, 1995] und »2Pasolini« [F, 200; dt. Erstaufführung]

Anschl. Podiumsdiskussion : »Film als philosophisches Medium«
MIt Peter Sloterdijk, Hans Belting, Michael Bartsch und Peter Weibel

»Out of the Present« [D, 1995; R: Andrei Ujica; 96 min., OmdU]

»Out of the Present« aus dem Jahre 1995 gilt als der nonfiktionale Film der 90er Jahre. Der weltweit gefeierte Montagefilm, in dem hauptsächlich dokumentarisches Videomaterial einer Weltraummission verwendet wird, erzählt in Form eines Tagebuchs die Geschichte des sowjetischen Kosmonauten Sergei Krikalev, der im Mai 1991 zur Raumstation MIR aufbricht und zehn Monate dort bleiben muss - doppelt so lang wie geplant. Während seines Aufenthalts im All ereignet sich der Augustputsch in Moskau, in dessen Folge die Sowjetunion zerbricht. Als Krikalev im März 1992 zur Erde zurückkehrt, heißt sein Heimatland Russland. Er ist der erste Mensch, der sich das Ende einer Geschichtsepoche aus der göttlichen Perspektive anschauen konnte. »Out of the Present« wurde von der Kritik mit Meisterwerken wie Kubricks »2001 Odyssee im Weltraum« und Tarkowskis »Solaris« verglichen.

»2 Pasolini« [F, 2000; R: Andrei Ujica; 12 min., OF, dt. Erstaufführung]

»2 Pasolini« versteht Andrei Ujica als poetischen Kommentar zu Pasolinis Jesus-Film »Il vangelo secondo Matteo« aus dem Jahre 1964. Der Zwölfminutenfilm entstand als Auftragsarbeit der Cartier-Foundation zum Thema Wüste. Ujica über seinen Film: »Als Pasolini den Film vorbereitete, unternam er in Begleitung seines vatikanischen Beraters Don Andrea Carraro eine Prospektionsreise zu den Heiligen Orten, um zu prüfen, ob es möglich wäre, an den Originalschauplätzen zu drehen. Es war nicht möglich, denn die Moderne hatte bereits Einzug in die biblische Landschaft gehalten. Nur die Wüste war unverändert. Ein Kameramann der italienischen Wochenschau dokumentierte die Reise. Seine Aufnahmen sind nachträglich zu einem Dokumentarfilm mit dem Titel »Sopraluoghi in Palestina« zusammengefügt worden und »Il vangelo secondo Matteo« wurde in Süditalien inszeniert. Ausgehend von Fragmenten aus Sopraluoghi in Palestina und »Il vangelo secondo Matteo« ließ ich Pasolini in der Wüste Jesus erblicken. Es ist, als wäre der Messias gerade dabei, die Rede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer zu ersinnen. Durch ihren revolutionären Pathos war diese für den gläubigen Marxisten Pasolini schon immer die tröstlichste Stelle des Evangeliums. Der Text ist als innerer Monolog zu hören und während Jesus aus der Wüste kommend aufs Wasser wandelt, lässt Seine aufsteigende Wut das Meer immer stürmischer werden. Die Meeresbilder wurden mir vom französischen Sturmspezialisten zur Verfügung gestellt.«