Stephan von Huene

TischTänzer

1988

Tisch Tänzer
Künstler/in / Künstlergruppe
Stephan von Huene
Titel
TischTänzer
Jahr
1988
Kategorie
Installation, computerbasiert
Material / Technik
4 computergesteuerte Skulpturen mit Ultraschallsensoren, 14 gerahmte Zeichnungen, computergesteuerte Choreografie, 2 Kompressoren
Maße / Dauer
Skulpturen je ca. 200 x 80 x 50 cm; Zeichnungen je 170 x 115 x 5 cm
Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe Karlsruhe, erworben mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg
Beschreibung

» »TischTänzer« sind Nachrichten von unterhalb der Gürtellinie, präsentiert oberhalb der Tischlinie. Steptanzen [sic!], wir erinnern uns, ist eine Form des Tanzes, bei der die Nachrichten in den Füßen sind.« [1]



Stephan von Huenes kinetische Installation »Tisch Tänzer« besteht aus vier lebensgroßen männlichen Schaufensterpuppen auf vier Holzsockeln. Diese wirken unheimlich, sind es doch nur die Unterleiber, gekleidet in sorgfältig gebügelte Anzughosen mit Ledergürtel und glänzenden Lackschuhen. Hinter den vier Beinpaaren hängen zehn Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die an Skizzen von Modeentwürfen erinnern.

Indem ein Sensor, ausgelöst durch die BesucherInnen, die Installation in Bewegung setzt, wird die Figurengruppe zum Leben erweckt. Die ersten drei Beinpaare beginnen, einen Stepptanz zu Musik und Reden US-amerikanischer Politiker vorzuführen. Die unterschiedlichen Stimmungen der Reden werden in spezifische Bewegungen übersetzt: Dwight D. Eisenhower spricht über den Frieden, Lyndon B. Johnson über Bürgerrechte und Jesse Jackson über seine verlorene Nominierung zur Präsidentschaftswahl.

Die Beine der vierten bis auf die Schuhe unbekleideten Figur üben abwechselnd Positionen aus dem klassischen Ballett zu Georg Friedrich Händels »Rinaldo« und Georges Bizets »Les pêcheurs de perles« [Die Perlenfischer]. Durch die Bewegungen der Figuren und ihrer Schatten auf den Zeichnungen, den Ariengesang und die Reden sowie das Klacken der Steppschuhe entsteht ein »Theater der Maschinen«.[2]

Von Huenes Umsetzung geht auf seine Erinnerung an das Stück »The Time of Your Life« (1939) von William Saroyan zurück, das er als Kind besuchte. Es handelt von einem Mann, der sich seinen Unterhalt in einer Bar in San Francisco durch Stepptanz verdient: Während er die Nachrichten aus der Zeitung laut vorliest, improvisiert er entsprechend der Sprachrhythmen einen Stepptanz – die Nachrichten sind in den Füßen.





[1] Stephan von Huene, »TischTänzer. Nachrichten von unterhalb der Gürtellinie«, in: Stephan von Huene. Tischtänzer, Hg. Petra Oelschlägel (Ostfildern-Ruit: Cantz, 1995), S. 7.

[2] Achatz von Müller, »Grenzgänger, Grenzverschieber. Der Künstler als Lehrer«, in: Stephan von Huene - Tune the World, die Retrospective, Ausst.-Kat. (Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz, 2002), S. 22-28, hier: S. 22.

AutorIn: Theresa Rößler

Über den/die Künstler/in