s/w Fotografie. Porträt eines Mannes.

04.12.2012

Interview mit Gilles Gobeil

Gilles Gobeil begann seine musikalische Karriere in den 1970er Jahren als Flötist in verschiedenen kanadischen Alternative Jazz Bands.

VON TILL KNIOLA

Er agierte hier als völliger Autodidakt, konnte aber bereits erste Erfahrungen im Umgang mit Klangmanipulation durch den Einsatz von Effekten (Wah Wah, Fuzz) bei seinem Instrumentalspiel sammeln. Gobeil entschloss sich für ein Kompositionsstudium (Tonsatz, Instrumentalkomposition) bei Serge Garant an der Université de Montreal. Die erste Begegnung mit elektroakustischer Musik war Bernard Parmegianis Stück Geologie Sonore vom 1975er Album De Natura Sonorum. Gobeil war sofort fasziniert von der Vielfalt der Klänge, der Art der Arrangements und allgemein vom Umgang mit Sound. Er fühlte sich animiert, selbst erste Gehversuche im Komponieren elektroakustischer Stücke zu unternehmen.

Gobeil: „Ich hatte wirklich großes Glück damals. Mein erstes akusmatisches Werk »Traces« (1985) erhielt sofort zwei Preise (1st Mention, Brock University Tape Music Competition/Kanada und 2nd Prize, 10th Luigi Russolo International Competition/Italien), was ein echter Türöffner für mich war. So hatte ich in der Folge die Möglichkeit über weitere Kompositionsaufträge und den Zugang zum Studio in Montreal neue Stücke zu schreiben.“

Eine wichtige Erfahrung war für Gobeil die Arbeit mit dem Komponisten Francis Dhomont, der ihn in den Gebrauch des elektronischen Studios und der Verwendung des Synclaviers einführte. In den Jahren 1985 – 1995 baute Gilles Gobeil angeregt durch diese ersten Erfahrungen nach und nach mit befreundeten Musikern und Komponisten ein gemeinsames elektronisches Studio auf. Man traf sich, nutze gemeinsam Equipment und veranstaltete Konzerte. Für Gilles Gobeil folgten schon bald erste Einladungen auf internationale Festivals, wie z.B. Ars Electronica oder Stockholm Electronic Arts. Ein Zeichen dafür, dass Gobeils äußert dichte und mit einem individuellen Stil versehenen Kompositionen internationale Anerkennung gefunden hatten.

Gobeil: „Meine Art zu komponieren ist tatsächlich sehr persönlich. Oft dauert die Entstehung eines Werkes sehr lange, weil ich erst zum Abschluss kommen kann, wenn ich selbst völlig zufrieden mit dem Stück bin. Für mich ist komponieren wie malen: die Schichten des Materials beeinflussen sich enorm und das Hinzufügen von etwas Neuem ist immer eine delikate Angelegenheit. Bevor ich mit einem Stück beginne, versuche ich mir Klarheit zu verschaffen, welches Szenario entsteht, welche Gesten, Abfolgen und Movements ich im Stück anwenden will. Das Komponieren ist dann quasi die Ausführung dieser gedanklichen Strukturen und Formen. Das ist ein spannender und manchmal auch beängstigender Prozess.“

Ein Markenzeichen der Kompositionen von Gilles Gobeil ist der Bezug auf literarische Vorlagen, die er in seinen Stücken verarbeitet. Gobeil hat sich bereits mit Werken von Stanislaw Lem, Hermann Hesse, E.T.A. Hoffmann oder Jules Verne auseinandergesetzt – mal abstrakt konzeptuell, mal direkt als klangliches Material von Sprechern vorgetragen. Für den ZKM Klangdom hat Gilles Gobeil, der bereits in den Jahren 2005-7 Composer in Residence am ZKM | Institut für Musik und Akustik war, mehrere Stücke adaptiert. So existiert zum Beispiel vom Werk »Le miroir triste«, das ursprünglich rein stereophon komponiert war, eine dezidierte Klangdom-Version, die sich gegenüber den Möglichkeiten der Karlsruher Lautsprecherkuppel öffnet.

Zur Person

Gilles Gobeil (* 1954 in Sorel-Tracy, Québec, Kanada) war im Sommer 2012 als einer der weltweit führenden Komponisten elektroakustischer Musik am ZKM | Institut für Musik und Akustik zu Gast. Gobeil arbeitete in den Studios des Instituts an seinem neuen Werk „Des Temps Oublies“, welches im Januar 2013 in Paris uraufgeführt wird.

www.gillesgobeil.com