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20.05.2014

ZKM-Vorstand Peter Weibel auf der re:publica 2014 in Berlin

ZKM-Vorstand Peter Weibel sprach auf der re:publica 2014 über die wechselseitige Abhängigkeit der analogen und digitalen Welt.

VON ZKM REDAKTION

Vom 06.–08. Mai 2014 fand in Berlin die re:publica statt, die sich seit ihrer Gründung von einem Treffen deutscher BloggerInnen zu einem der weltweit wichtigsten Festivals der digitalen Gesellschaft entwickelt hat. Unter dem Motto „Into the Wild“ wurde 2014 der Blick für verschiedene Ansätze geöffnet, um das Internet und die Gesellschaft der Zukunft zu verstehen und zu verbessern.

In über 250 Stunden Programm wurde an drei Tagen diskutiert und gefeiert. Mit dabei waren u.a. Sasha Lobo, deutscher Blogger, Buchautor, Journalist und Werbetexter, Tim Pritlove, Event-Manager, Podcaster und Medienkünstler, Saskia Sassen, US-amerikanische Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin, Peter Weibel, ZKM-Vorstand und Künstler, und eine Vielzahl weiterer namhafter VertreterInnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur.

Polyphones Ereignis

Die technischen Innovationen der Gegenwart, unter denen eine entscheidende das globale Internet ist, bildeten wichtige Voraussetzungen für die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklungen, die unter dem Begriff „Globalisierung“ zusammengefasst werden. Mit dem 300-tägigen, polyphonen Ereignis GLOBALE sollen die kulturellen Effekte der Globalisierung, die wechselseitigen Beeinflussungen und Infragestellungen von verschiedenen Kulturkonzeptionen dargestellt werden. Ein Schwerpunkt bildet dabei die sogenannte Infosphäre, über die Peter Weibel auf der re:publica in Berlin in einem Vortrag am Mittwoch, 07. Mai 2014 sprach und damit – in Anlehnung an die aktuellen Debatten über Datensicherheit, Datenmissbrauch etc. – die wechselseitige Abhängigkeit der analogen und digitalen Welt darstellte:

Mit einem Sprung durch die Geschichte verwies Peter Weibel darauf, dass bereits mit der industriellen Revolution der Übergang von den Organen zu künstlichen Werkzeugen, von natürlichen Sinnesorganen zu Maschinen, Medien, Apparaten beginnt: Heute ist die Menschheit umgeben von Informationen – die Welt ist eingehüllt in eine Wolke, in eine Cloud von Datenbanken und Datenverkehr. Dieser globale Datentausch, ohne den das heutige Zusammenleben von sieben Milliarden Menschen nicht mehr zu organisieren wäre, schafft die Infosphäre.

Technische Evolution

Diese ist das Produkt der Exo-Evolution, das Heraustreten des Menschen aus der natürlichen Evolution: Der Mensch ist nicht mehr nur Teil und Geschöpf der Evolution, sondern er selbst bestimmt und verwandelt die natürliche Evolution in eine technische. Damit ist die Infosphäre das technische Gegenstück der Atmosphäre, ihrerseits das Ergebnis der Evolution. Die Infosphäre umfasst die Gesamtheit jener Maschinen, Apparate und Medien, welche auf der Existenz elektromagnetischer Wellen aufgebaut ist, die das gesamte Weltall durchfluten. Doch durch vielfältige Umweltkrisen, Katastrophen, Bürgerkriege und Bevölkerungswachstum ist die Atmosphäre, unser Leben in der analogen Welt, bedroht.

Die vom Menschen geschaffene Infosphäre könnte die Atmosphäre retten und zwar durch Sensortechnik, Rückkoppelungstechnik und viele andere Kontroll- und Beobachtungsschleifen. Sie könnte nicht nur ein thermodynamisches Gleichgewicht, sondern auch ein soziales Gleichgewicht herstellen. Doch dafür müssen noch bestimmte Verhaltensregeln geschaffen werden, die für das Leben in der Atmosphäre längst formuliert und kodifiziert wurden, aber noch nicht für die digitale Welt. Damit ist es notwendig für die Freiheit der Netzkultur zu kämpfen. Nicht Gott kann die Erdbevölkerung retten, wie Martin Heidegger einst sagte, sondern der Mensch selbst muss sich und die Welt retten.

Alle Vorträge sind auf dem YouTube-Channel der re:publica einzusehen!

Kategorie: #zkmkarlsruhe